Abseits der schützenden Mauern des eigenen Hauses ist manchmal ganz schön viel los. Wenn man dann sogar die Grenzen des heimischen Gartens überschreitet, der mit seiner Pflanzen- und Insektenvielfalt auch schon Vielfältiges zu bieten hat, dann kann das zuerst mal ganz schön erschlagen. Unglaublich was die Welt da draußen alles so bereit hält!
Diese Erkenntnis habe ich in ganz jungen Jahren gemacht, aber da gab es ja immerhin noch ein Zentrum des Vertrauens und zwar meine Eltern! Sobald ich in deren Nähe war, fühlte sich das alles drumherum wenigstens nicht ganz so bedrohlich und fremd an.
Einfach schnell in Mamas Arme und schon bin ich wieder sicher, keiner kann mir was!
Doch sobald ich auf mich allein gestellt war, kam die Flut der Umwelt rasant zurück.
Geräusche, Gerüche, Gespräche; Bilder, Eindrücke und Informationen. Und damit nicht genug. Es interessiert mich Warum die Dinge so sind, wie sie nunmal erscheinen. Ich hinterfragte alles und jeden. War misstrauisch und teilweise auch ängstlich. Ständig in Alarmbereitschaft, fortlaufend alles von außen auf mich einprasseln lassen. Es folgte ein Zustand der Überreizung. Ein Zustand mit dem ich erstmals nicht viel anfangen konnte.
Wieso kann ich das jetzt nicht ab, andere aber scheinbar schon? Was stimmt denn nicht mit mir?
Am liebsten möchte ich mit jetzt zurückziehe, in mein Zimmer, Ruhe haben, für mich sein..
Das Gute daran war, dass ich mich unglaublich gut mit mir selbst beschäftigen konnte, oder mit einem guten Buch, etwas zum Malen oder Zeichnen oder meiner Lieblingsmusik. Stundenlang lag ich manchmal im Bett und habe Bücher gelesen, Zeitschriften und Wissensmagazine verschlungen, oder einfach Musik gehört und manchmal mitgesungen.
In der Kindheit und während der Schulzeit ist dieser plötzliche Rückzug zumindestens teilweise noch möglich und akzeptabel, vorallem wenn man eh nicht viele Freunde hat,
doch spätestens wenn man sich dann im Berufsleben befindet ist das nicht mehr machbar.
Da kommt einem höchstens der Perfektionismus, die Genauigkeit und Sorgfalt zugute.
„Dann musst du dich nunmal diesen Herausforderungen stellen und lernen damit umzugehen.“ Hinzu kam dann irgendwann das Bedürfnis, alles unter Kontrolle haben zu wollen. Man könnte ja eine mögliche Gefahr übersehen, oder ein wichtiges Gespräch nicht mitkriegen. Doch meistens lasse ich das gar nicht zu, habe meine Ohren und Augen überall. Denn während ich nicht nur meine Umwelt und mein Umfeld extrem detailliert wahrnehme, höre ich zeitgleich noch den Gesprächen meiner Bekannten zu,achte auf deren Stimmung und versuche zu jedem Thema etwas einigermaßen Sinnvolles beizutragen. Eines war mir eigentlich immer schon klar: In meinem Kopf laufen zu viele Dinge gleichzeitig ab.
Aber wie sollte ich sie stoppen? Mich zurückziehen, ohne gleich aus der Situation zu flüchten?
Da ich ein starkes Harmoniebedürfnis habe und zudem ziemlich überangepasst war und teilweise noch bin, bekomme ich es selten hin, mich aus der Situation dann wirklich mal zurückzuziehen, aus Angst davor, meine Mitmenschen zu irritieren oder ggf. sogar zu kränken. Sie könnten es ja vielleicht auf sich beziehen oder mich einfach nicht verstehen. Dieses Gefühl des nicht-verstanden-Werdens begleitet mich ebenfalls seit Jahren schon.
Während mir also nicht nur die vermeintlichen Fehler Anderer extrem stark auffallen, kritisiere und beobachte ich auch meine eigenen Fehler fortlaufend. Dort pass ich nicht rein, und das ist mir zu viel. Wenn Freundinnen feiern gehen ist es mir zu laut oder zu viele Menschen. So findet man in den ,,ganz normalen“ Aktivitäten der Gleichaltrigen nicht gerade eine Befriedigung und beschäftigt sich stattdessen mit ernsteren Themen.
Gesundheit und Krankheit, Ängste und Persönlichkeitsentwicklung, Themen mit denen man sich vielleicht erst in höherem Alter beschäftigt, waren bei mir an der Tagesordnung.
Philosophische Themen und Fragestellungen oder Psychologie haben mich schon immer viel mehr interessiert, als der neueste Klatsch und Tratsch über Mode, Stars oder Filme. Wer bin ich eigentlich? Und wenn ja wie viele? 😉 Wieso ist die Welt so, wie sie ist?
Ich habe einen starken Gerechtigkeitssinn und würde gerne vieles in der Welt verbessern.
Das dies nicht so einfach möglich ist, musste auch ich mit meinem leicht naiven Denken erst einmal einsehen. Immerhin habe ich mich seit der Schulzeit schon sozial engagiert.
Nicht ohne Grund habe ich mich lange Zeit vegetarisch ernährt, mittlerweile sogar vegan.
Immer auf der Suche nach weiteren Informationen und einem tieferen Verständnis von der Welt und den Geschehnissen um mich herum. Neues Wissen und neue interessante Menschen haben mich magisch angezogen. Aber diese sprunghaften Interessen lassen auch manchmal ein Gefühl der Orientierungslosigkeit aufkommen. „Entscheid dich doch endlich mal“. Schon damals bei der Berufswahl hatte ich so meine Schwierigkeiten, weil ich mich nicht entscheiden konnte. Das frustriert. Anderen scheint es so leicht zu fallen.
Lange denke ich über vergange Situationen und Momente nach, da sie mir meist noch sehr lebhaft im Kopf sind. Entdecke ich etwas Neues, versuche ich sofort Querverbindungen zu bisherigen Erfahrungen und Erkenntnissen zu ziehen. Bisher musste ich das alles immer mit mir selber ausmachen, weil ich mit niemandem darüber sprechen konnte und wollte.
Faszinierend finde ich nach wie vor die Natur. Ein Regenbogen nach dem Gewitter, ein Sonnenauf- oder Untergang. Das Meer und die Berge, genauso wie Wiesen und Wälder. Das löst in mir unbeschreibliche Gefühle aus. Gefühle, zu denen ich im Allgemeinen mit der Zeit immer mehr Abstand gewonnen habe, weil ich gemerkt habe in was für knifflige Situationen sie mich bringen können. Das wollte ich lieber vermeiden und bereue es aber mittlerweile, dass ich so einen wichtigen, lebendigen Teil von mir ausgrenzen wollte.
Bild: by DaJo